INTERVIEW MARC MARQUEZ


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Ein sechster Weltmeistertitel in der MotoGP – sein insgesamt achter Weltmeistertitel – und eine neue Saison mit seinem jüngeren Bruder an seiner Seite ... Marc Marquez ist wieder einmal in den Schlagzeilen. Das Honda Moto Magazine traf sich mit ihm, um einen kurzen Rückblick auf die vergangene Saison zu werfen und über die Zukunftsträume des King of the Ring zu sprechen.

bilder HONDA PRO RACING, FB MARC MARQUEZ

Wie fühlt es sich an, mit einem neuen Weltmeistertitel in der Tasche nach Hause zu kommen?

«Ich bin nicht sofort nach Hause gegangen, als ich zurück in Spanien war. Ich machte zunächst einen Abstecher zum Repsol-Campus in Madrid. Seit meiner Zeit bei Repsol ist dieser Ort ein bisschen zu meinem «sportlichen Zuhause» geworden. Diese Menschen haben mich seit Beginn meiner Karriere unterstützt, was unbezahlbar ist. Das letzte Jahr war einzigartig für mich. Es gibt aber immer Raum für Verbesserungen. Wir haben nicht nur das ultimative Ziel erreicht und den Titel gewonnen, sondern sind nebst dem Sieg besonders stolz darauf, auf welche Art uns das gelungen ist. Wenn ich ‹wir› sage, dann meine ich das auch so. Denn auch wenn ich die Rennen bestreite, verdanke ich den Menschen um mich herum, die mich täglich unterstützen, sehr viel.»

Haben Sie den Titel gefeiert?

«Ja, wir haben ausgiebig gefeiert. Ich habe sogar für einige Tage meine Stimme verloren. Ein Weltmeistertitel ist etwas, das man in vollen Zügen geniessen muss, denn man weiss nie, wann dieser Traum wieder wahr wird. Ich erspare Ihnen die Einzelheiten, aber wir haben getanzt, geschrien, gefeiert ... Karaoke gesungen haben wir aber nicht. Aber das hätte auch nicht wirklich gepasst.»

Sie haben die Saison mit einer Schulterverletzung begonnen und beenden sie nun mit einer Schulteroperation. Ist Ihnen das nicht zu anstrengend?

Sie haben die Saison mit einer Schulterverletzung begonnen und beenden sie nun mit einer Schulteroperation. Ist Ihnen das nicht zu anstrengend?Damit thematisieren Sie den Spruch ‹Jeder Athlet hat gute und schmerzhaftere Zeiten.› Aber gerade diese Schwierigkeiten machen uns stärker. Der vergangene Winter war einer der härtesten meiner Karriere, weil ich nicht mehr das machen konnte, was ich am meisten liebe: Motorradfahren. Wegen der Operation konnte ich nicht trainieren. Aber ich habe es überstanden dank der Menschen, die mich ermutigten. Ausserdem ist mir beim ersten Rennen ein guter Start gelungen. Meine Leistung lag vielleicht nicht bei 100 Prozent, aber ich war dabei.

Sie haben angedeutet, dass es ein fast perfektes Jahr war. Warum nur fast?

«Wenn man zu überzeugt von sich ist, wird man anfälliger für Fehler. So geschah es wie beim Rennen in Austin, an dem ich mit vier Sekunden Vorsprung in Führung lag und nie erwartet hätte, nicht als Sieger über die Linie zu gehen. Da ich mir sicher war, das Rennen zu gewinnen, wurde ich nachlässig und stürzte deswegen. Das beweist, dass man immer voll konzentriert bleiben muss und sich nie ablenken lassen darf. Wir hatten ein brillantes Jahr, aber wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen.»

Agostini glaubt, dass Sie seinen Rekord von 15 Titeln übertreffen können. Was halten Sie davon?

«Ich verstehe mich sehr gut mit ihm und habe mitbekommen, dass er so denkt. Das Wort ‹unmöglich› gibt es in meinem Wortschatz eigentlich nicht. Diese Herausforderung scheint mir aber unerreichbar zu sein, denn dazu müsste ich meinen aktuellen Rekord verdoppeln. Ehrlich gesagt sind mir Zahlen und berühmte Namen aber nicht so wichtig. Ich fahre einfach leidenschaftlich gern Rennen.»

Sie sagen immer, dass Ihre Konkurrenten der Grund dafür sind, dass Sie heute da sind, wo Sie sind. Wie sehr brauchen Sie einen Rennfahrer wie Fabio Quartataro in der nächsten Saison?

«Je schwächer die Konkurrenz, desto besser unsere Chancen. Haha! In der MotoGP durchlaufen wir gerade eine wunderbare Ära, in der die Motorräder technisch fast alle gleich sind, auch wenn die neusten Zahlen etwas anderes belegen. Ich sage das deshalb, weil heute vier Hersteller in der Lage sind, Rennen zu gewinnen und den Weltmeistertitel zu erringen. Das bedeutet, dass mindestens acht Motorräder die Chance haben, als Sieger über die Linie zu gehen. Das gab es bisher noch nie. Jeder muss für sich herausfinden, wie er sich neu erfinden kann und was er von Veteranen wie Valentino, Jorge oder Dovi, aber auch von jungen Fahrern wie Fabio oder Viñales lernen kann.»

Wie können Sie Ihre Leistung in der nächsten Saison noch steigern?

«Dieses sehr gute Jahr ist schwierig zu übertreffen. Ich bewundere da Rafael Nadal zutiefst. Wenn man ihn beim Spiel beobachtet und sich fragt, was er besser machen könnte, schafft er es immer, noch einen kleinen Schritt weiter zu gehen. Wenn Messi ein Tor schiesst und man denkt, dass es nicht besser sein kann, dann schiesst er ein noch perfekteres Tor. Ich versuche, mich von Menschen wie ihnen inspirieren zu lassen. Sie entwickeln sich laufend weiter. Konkurrenten sind da, damit wir sehen, wo wir selber stehen. Und genau dort muss man ansetzen, um die eigene Leistung zu verbessern.»

Stellt Honda ein Motorrad für Marc Marquez her oder ist Marc Marquez der Fahrer, der Honda am besten versteht?

«Honda baut das Motorrad und dann liegt es am Fahrer, sich darauf einzustellen. Einer der positiven Aspekte unseres Teams ist, dass mehrere Fahrer dasselbe Motorrad fahren und die gleichen Beobachtungen sowie die gleiche Kritik äussern. So können notwendige Verbesserungen vorgenommen werden. Wir haben ein riesiges technisches Supportteam hinter uns. Diese Menschen arbeiten hart und dank ihrer Bemühungen wissen wir, wie wir uns anpassen und das Beste aus jeder Situation herausholen können.»

Sie haben an den ersten Tests für 2020 teilgenommen, diesmal an der Seite Ihres jüngeren Bruders Alex, dem zukünftigen Honda-MotoGP-Piloten. Wie sind die Tests verlaufen?

«Die Tage in Jerez waren sehr positiv. Wir haben dort die Motorräder für 2020 getestet. Am ersten Tag haben wir vieles ausprobiert. Am nächsten Tag haben wir die besten Ergebnisse des Vortags gleich zu Beginn des Tags erreicht. Nun ist es die Aufgabe von HRC Japan, dies zu analysieren.»